Wolle
Unter dem Begriff Wolle sind alle tierischen Haare zu fassen. Heute wie in früheren Zeiten wurden nicht nur die
Haare von Schafen verwendet, sondern auch die Haare solcher Tiere, die ein langes, dichtes Fell haben (so z.B.
Alpaka vom Lama, Kaschmir von der Ziege). Für den europäischen Raum ist allerdings nur die Schafswolle von
Bedeutung, auf deren Vorbereitung ich mich hier beschränken möchte. (Die Arbeitsweise ist für die anderen
Wollfasern ähnlich.)
Das Scheren des Schafes
Schafe können bis zu zweimal pro Jahr geschoren werden. Im allgemeinen gilt die Wolle von nur einmal pro
Jahr geschorenen Schafen als qualitativ hochwertiger. Früher wurden die Schafe vor der Schur gewaschen,
damit die Wolle später leichter gereinigt werden konnte. Schon bei der Schur sollten die unterschiedlichen
Wollqualitäten, die ein Schaf aufweist, getrennt werden. Die beste Wolle ist die vom Rücken des Schafes,
danach kommt die von den Seiten, dann die Wolle an Hals und Bauch und zum Schluss die Wolle vom Hinterteil
und den Beinen des Schafes.
Das Waschen der Wolle
Dieser Arbeitsgang wurde auch Entschweissen genannt. Selbst wenn man die Schafe vor der Schur gewaschen hat,
ist die Wolle noch stark verunreinigt. Um zu verhindern, dass die vorhandenen Verunreinigungen wie Schweiß,
Staub, Fett und oft auch Kotreste der Wolle schadet und um sie überhaupt verarbeiten zu können, muss die Wolle
gewaschen werden. Dies geschah mit Hilfe von Seifenlösung, Pottaschenlauge oder verdünntem, "gefaulten" Urin
im Kessel über dem Feuer. Die Wolle wurde aus der Waschlauge genommen, abgekühlt und in klarem Wasser mit der
Hand ausgewaschen. Später wurde die Wolle auch oft mit Rechen durch das Wasser gezogen, wobei die Wolle sich
allerdings schneller verwirrte.
War die Wolle sauber, so ließ man sie auf Trockenbrettern abtropfen und langsam trocknen. Ein zu schnelles
Trocknen in der Sonne oder im starken Luftzug wurde vermieden, da dadurch die Wolle hart und spröde werden
kann.
Das Kardieren und Kämmen
Die nun schon recht saubere, aber verfilzte Wolle musste aufgelockert und die letzten Verunreinigungen,
meist Pflanzenteile (Distel, Klette u.ä.) entfernt werden. Dazu zupfte man die Wolle mit der Hand auseinander,
bis sie wieder locker und bauschig war. Die war eine Arbeit, die man oft den kleinen Kindern zu tun gab, damit
die älteren mehr Zeit für die weiteren Arbeitsschritte hatten. Die gezupfte Wolle wurde mit Karden gekämmt.
Eine Karde war ein Holzbrett mit Griff, auf dem entweder Teile der Kardendistel angebracht oder gebogenen
Nägelchen hineingeschlagen waren. Mit diesen wurden die Wollfasern so gekämmt - man nennt dies auch kardieren -
dass die Fasern parallel zueinander liegen. Die so vorbereiteten Fasern konnten dann versponnen werden. Wollte
man aber sehr feine und gleichmäßige Fäden spinnen, war es von Vorteil, die kardierte Wolle noch einmal mit
einer feineren Karde zu kämmen.