Nachdem die Herstellung des Tuches mit so viel Arbeit verbunden war, ist es nicht verwunderlich, dass man
bei der Herstellung der Gewänder darauf achtete, möglichst keinen Stoff zu verschwenden.
Schnittmuster
Man wählte einen möglichst einfachen, geraden Schnitt sowohl für Unter- als auch für Obergewänder.
Männerkleidung unterschied sich von Frauenkleidung hauptsächlich durch die Länge und die kleineren Keile.
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Männertunika
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Frauengewand
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Oft trug man auch nur ein einfaches Untergewand (das auch nur an den Seiten Keile haben konnte) und darüber einen
einfachen Überwurf nach dem Schnitt A aus der Abbildung.
Als Beinbekleidung trugen die Männer die Bruche, die man sich als einfache knielange Hose vorstellen kann, und
darüber eng anliegende Beinlinge, die mit einer Schlaufe oder einem Knebel am Gürtel befestigt waren.
Wer trug was?
Die Menge an Kleidung, die man besaß, ist nach heutigen Maßstäben sehr gering. Der Leibeigene hatte
vielleicht nur ein oder zwei Sätze Kleidung, die freie Bauersfrau zwei Kleider für jeden Tag und ein Festtagskleid,
der wohlhabende Händler mag auch vier oder fünf komplette Ausstattungen besessen haben.
Aber selbst die Damen des Hochadels hatten im Vergleich zu heute noch wenig Kleidung, kann man doch aus verschiedenen
zeitgenössischen Heldensagen herauslesen, dass eine edle Jungfer zu ihrer Vermählung eine Truhe mit Kleidung und
zwei mit gutem Tuche, Bändern und Garnen mit in die Ehe brachte.
Die meisten Kleidungsstücke trugen zumindest andersfarbige Stoffstreifen als Schmuckbesatz. Wer mehr Zeit, Geschick
oder Vermögen hatte, trug Borten aller Art als Besatz oder hatte bestickte Kleidung.
Die Kleidung der Adeligen oder Reichen unterschied sich von der des einfachen Volkes hauptsächlich in der Qualität
der Stoffe und des Schmuckbesatzes. Erst im späten Hochmittelalter kamen längere und weitere ärmel für
beide Geschlechter auf, für Frauen auch das hinten verlängerte Kleid, dessen Saum man wie eine Schleppe hinter sich
herzog. Diese Verschwendung von Stoff zeigte Reichtum und Rang an. Es ging so weit, dass die ärmel hinter dem Rücken
geknotet werden mussten, da man sonst über die ärmelenden gefallen wäre.
Trotzdem trug auch die Edelfrau als Alltagskleidung Gewänder, die denen einer wohlhabenden Handwerkersfrau glichen, denn
auch die Edeldame hatte einen Garten zu pflegen, die Arbeiten in Haus und Küche zu beaufsichtigen und mit Hand anzulegen
- dabei sollten natürlich die guten, wertvollen Gewänder nicht leiden.