Geschichte des Spinnens

Wann das erste Mal ein Mensch einen Faden gesponnen hat, ist nicht genau zu ermitteln. Es ist davon auszugehen, dass schon die Menschen der Steinzeit Haarbüschel von wildlebenden Wolltieren (z.B. Mammut, Wildrinder) gesammelt und verwendet haben.

Die ersten Fäden werden auf ähnliche Weise entstanden sein wie die kurzen Stücke Faden, die ein Kind z.B. aus Hundehaaren zusammendreht: Durch das Verdrillen nur mit der Hand.

Spindeln Wahrscheinlich war das erste Werkzeug, das zum Spinnen entwickelt wurde, ein Holzstab, vielleicht mit einem Häkchen und/oder einer Kerbe, auf dem der gesponnene Faden aufgewickelt werden konnte und der in Drehung versetzt wurde, um den Fasern miteinander zu verdrillen.

Die ersten verbliebenen Zeugnisse der Spindel stammen aus der Steinzeit. Es wurden viele runde Steinscheiben mit Mittelloch gefunden, deren Form, Größe und Gewicht eine Verwendung als Spindel sehr wahrscheinlich macht. Natürlich sind die hölzernen Spinnstäbe nicht erhalten geblieben, bei Rekonstruktion konnte aber mit diesen Steinscheiben ein sehr guter, gleichmäßiger Faden gesponnen werden.
Handrad
Man nimmt an, dass in den Hochkulturen Asiens (Indien, China) das Spinnrad schon sehr früh bekannt war. Von den Römern weiss man, dass sie das Spinnrad kannten. Es scheint sich aber nicht allgemein durchgesetzt zu haben. In Mitteleuropa wurden noch 1268 in Paris und 1288 in Abbeville die Spinnräder als "Teufelswerk" verboten. Daraus kann man schliessen, dass ihre Verbreitung eher gering war und eine weitere Verbreitung unterbunden werden sollte. Wirklich durchgesetzt haben sich die Spinnräder wohl erst mit dem zunehmenden Aufkommen der Baumwolle in Europa, da die kurzfaserige Baumwolle stark verdrillt werden musste, wenn der Faden haltbar sein sollte.

Tretrad mit Flügel Die ersten Spinnräder waren sogenannte Handräder. Bei diesen wird mit einer Hand das Rad gedreht, während die andere Hand den Faden spinnt. Der so entstehende Faden ist meist etwas ungleichmässiger und dicker als ein mit der Handspindel gesponnener Faden. Solche Räder wurden noch Anfang des 20. Jahrhunderts von Gandhi in Indien eingeführt, damit die arme Landbevölkerung für den Eigenbedarf genug Baumwolle verspinnen konnte.

Eine Weiterentwicklung des Handrades war das Tretrad. Die heute in Mitteleuropa verbreiteten Spinnräder sind Treträder. Bei ihnen hat die Spinnerin wieder beide Hände frei und kann daher einen gleichmässig dicken Faden spinnen. Nachteil ist allerdings die kurze Strecke, auf der die Drehung auf den Faden übertragen wird. Dadurch kann es nämlich vorkommen, dass der Faden nicht überall gleichmässig stark verdrillt wird und daher unterschiedlich reissfest ist. Ungefähr zur selben Zeit wie das Tretrad wurde auch das Flügelrad erfunden (u.a. von Leonardo da Vinci), mit dem sich der Faden gleichzeitig spinnen und aufwickeln ließ.

Flügelspindel Im 18. Jahrhundert wurden dann in England mehrere Arten von Spinnmaschinen erfunden. Eine davon war die "Jenny" von James Hargreaves, eine andere die "Water-Frame" von Richard Arkwright. Damit begann die Massenproduktion von Baumwollgarnen aller Art und die Verbilligung von Stoffen und Kleidung.

Für sehr feine Garne allerdings wurde z.B. in der Schweiz noch bis ins 19. Jahrhundert hinein die Handspinnerei betrieben.

In der heutigen Zeit ist das Spinnen, sei es nun mit der Hand oder dem Rad, in den Industrienationen nur noch ein beruhigender Zeitvertreib. Bestenfalls wird das entstehende Garn als Strickgarn verwendet. In manchen Entwicklungsländern wird aber immer noch für den eigenen Bedarf gesponnen und gewebt.

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